Montag, 1. Oktober 2012

Wahltag

Nun ist es soweit! Der Tag der Parlamentswahlen in Georgien ist gekommen und wirft so einige Fragen auf. Die anscheinend gewichtigste war heute früh, weshalb ich aufstehe und zur Arbeit gehe, es sei doch schliesslich Wahltag, sprich Ferien! So habe ich mich trotz allem Unverständnis auf gemacht zum Nationalpark.
Nach kurzer Zeit habe ich aber bemerkt, dass mein Kabel für das Notebook anscheinend Ferien machen wollte und zuhause blieb. Als harter Chef meiner wenigen Habseligkeiten blieb mir nichts anderes übrig, als das Kabel höchst persönlich zur Arbeit zu holen. Mein Arbeitsweg nimmt aber rund eine halbe Stunde in Anspruch, weswegen ich mich in den Rangerwagen setzte um zumindest noch ein bisschen arbeiten zu können.
Auf meiner Fahrt ereignete sich kaum vorstellbare Dinge. Ich wollte am Dorfmuseum vorbei fahren, da sehe ich, dass die komplette Strasse blockiert ist. Das Museum wurde kurzum zur Wahlkommission umfunktioniert und Wahlfreudige, Haustiere, Müllabfuhr und jede Menge Autos standen davor - mein Kabel blieb aber daheim.
Also mein erster Stau in Lagodechi! Nach einigen komplizierten Fahrmanövern und ein wenig Geduld gelangte ich doch noch zu meinem Kabel und befehligtes es zur Arbeit. Wir können ja nicht wählen.

Aber wie steht es nun um die Wahlen? Es bahnte sich ja eine heisse Wahl an, geprägt von Skandalen, Verhaftungen, Demonstrationen und viel Gerede. Heute geht es eigentlich um die Besetzung des georgischen Parlaments. Von dem ist aber wenig zu hören, hauptsächlich geht es um Saakaschwili oder Ivanischwili. Georgien als semipräsidentielles politisches System vernachlässigt momentan das "Semi". Den einzelnen Kandidaten fürs Parlament wird eher wenig Gewicht beigemessen. Lästig habe ich immer wieder viele Bekannte gefragt, wen sie denn wählen werden. Die Antwort war stets Saakaschwili oder Ivanischwili. Nun ja diese beiden werden wohl hier in Lagodechi nicht auf den Listen stehen. Dennoch - viele hier sind gespannt auf das Resultat, das voraussichtlich heute Nacht bekannt gegeben wird. Es wird gelobt, das Georgien ein funktionierendes Parteiensystem besitzt, das Alternativen zur derzeitigen Regierung zulässt.
Ohne mich auf eine politische Analyse einzulassen, scheinen mir diese Alternativen doch sehr bescheiden. Georgien entwickelt sich schnell, das kann man in Wirtschaftsstatistiken erkennen aber auch bei einem Spaziergang durch Tiflis. Politik wird stets auf der grossen Bühne betrieben, das Publikum scheint mir dabei oftmals von diesem Spiel sehr eingenommen, sodass die Zeit für ihre eigene Analyse meist ungenutzt verstreicht. Mal abwarten, was diese Show diesmal zeigt, Übertragung im TV ist ihr auf jeden Fall gewiss.

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