Dienstag, 28. August 2012

Ein Haufen Arbeit

Nach nur kurzer Zeit konnte ich mir ein Bild von der Lage des Nationalparks machen. Fazit - ein wunderschöner Fleck Erde aber es gibt viel zu tun hier. Wenn auch mich meine Arbeit viel an der frischen Luft sein lässt, so wird mir schon jetzt bewusst, dass die Zeit knapp ist.
Neben der Arbeit im Park erhasche ich aber in meiner Freizeit und georgischem Alltag ungemein tiefe Einblick in das Leben in Lagodechi. Mein Fazit dazu - Dani beklag dich nicht, sondern schau wie um dich rum geschuftet wird. Denn es ist Spätsommer und das bedeutet für die Menschen in dieser Region eine riesige Menge an Arbeit. Obst, Getreide, Gemüse, Früchte, Nüsse - alles ist reif und in Unmengen vorhanden, jedoch nur kurze Zeit. Also wird soviel wie möglich eingemacht, eingelegt, getrocknet und gemahlen, sodass für den Winter ausgesorgt ist. Ich staune über dieses emsige Treiben, denn für mich als Migros-Kind ist der winterliche Gang in den Supermarkt eine Banalität. Hier jedoch steigen die Preise um ein Vielfaches und mit Monatslöhnen von häufig 140 Euro pro Monat liegt es nicht drin die Früchte der Natur verkommen zu lassen. Es muss natürlich gesagt werden, dass es hier auch von Obst und Gemüse nur so wimmelt, da kann ich in meiner Heimat nur davon träumen.
Georgische Maisernte

Montag, 27. August 2012

Wo ist die Grenze Teil II

Wie vielleicht manch einer von euch weiss bin ich stets begeistert von Steinhöhlen, unterirdischen Gängen oder ähnlichem. So machte ich mich auf zu einem der heiligsten Orte Georgiens, Dawit Garedscha. Die Stätte besteht aus über 50 verschiedene Höhlen, die zusammen das älteste georgische Kloster aus dem 6. Jahrhundert bilden. Amüsanter Nebeneffekt meiner Reise, ich startete im Dschungel Lagodechis und endete in der Halbwüste im Süden Georgiens.
Höhlenkloster Dawit Garedscha
Süden des Landes hiess für mich jedoch wieder Grenzgebiet zu Azerbaijan. Die Grenze lag vor Jahren noch einige Kilometer vom Klosterberg entfernt aber Stück für Stück hat sich der azerbaijanische Staat bis an die Höhlen herangetastet.
Ein weiteres Mal durfte ich hier Zeuge grenzwertiger Ereignisse werden. Auf dem Kamm des Berges machten es sich die georgischen Grenzwächter gemütlich und rauchten schwer bewaffnet vor sich hin. Plötzlich kam Bewegung in die Gruppe und alle schauen gespannt in ihre Feldstecher. Eine Gruppe azerbaijanischer Soldaten schreitet im Marschschritt den Pfad an der Flanke des Berges hoch. Auf dem Kamm angekommen drängen sich die Soldaten in den knappen Schatten der Hütte. Jetzt bilde ich die Grenze: Zu meiner Linken zwei georgische Soldaten und zu meiner Rechten acht azerbaijanische. Es ist ein beklemmendes Gefühl eine Grenze zu sein, ihr dürft es mir glauben. Bis dann der azerbaijanische Kommandant, Gruppenleiter, Grenzchef oder wie man ihn auch nennen mag die Grenze hinter sich lässt (also mich) und zu den georgischen Wächtern schreitet. Es war aber kein Angriff, sondern eine Frage, ob die Georgier nicht etwas Wein für ihre Nachbarn hätten. Azerbaijan hat die georgische Gastfreundschaft kalt erwischt - kein Wein. Nach weiteren stillen Minuten zog die azerbaijanische Gruppe von dannen mit dem Hinweis an mich keine Fotos zu machen und nicht mit den Soldaten zu sprechen. Wieso diese Mahnung? Naja - der Wunsch nach Wein hat die azerbaijanische Armee dazu veranlasst Grenzen zu überschreiten und sie hielten sich in fremdem Territorium auf (ein absoluter Fauxpas!). Fazit, Wein verbindet und ich hoffe, das nächste Mal sind die georgischen Soldaten besser auf die azerbaijanische Invasion vorbereitet...
Hier ist die Grenze


Wenn am Ende der Welt die Welt untergeht

Ungelogen es gibt viele Gründe, weshalb ich nicht immer Zeit finde Neues aus Georgien zu berichten. Vor einer Woche ereignete sich jedoch ein seltenes Hindernis, das mir das schreiben verwehrte. Das grosse zudi amindi, kurzum ein Gewitter.
Blick aus meinem Fenster
Der Sturm war aber heftig genug, um uns in Schrecken zu versetzen. Nach der ersten Stunde fing mir aber das zudi amindi an zu gefallen. Rund fünf Stunden hatten wir rundum Unterhaltung, die dir kein Dolby-Surround System oder 3d TV bieten kann.
Schattenseite von dieser rabenschwarzen Nacht - kein Strom, kein Wasser und kein Gas. Aber die Welt hier in Lagodechi geht allmählich wieder auf. Seit Dienstag haben wir wieder Wasser. Die Stromversorgung wird konstanter und wir hoffen auf einen baldigen Druck in den Gasleitungen. 

Donnerstag, 23. August 2012

Setzen Sie sich!

Lagodechi ist ja bekanntlich ein kleines Dorf und der Vergnügungssektor entsprechend bescheiden. Es gibt einen Spielplatz, dafür bin ich ein bisschen zu gross. Im Zentrum steht ein Sportplatz, dessen Schlaglöcher zu gross für mich sind. Und dann gibt es die Strassen, die grossartig sind. Mangels Bar, Pub und anderer Sitzmöglichkeiten setzt sich die gesamte Bevölkerung Lagodechis an den Strassenrand. Das klingt nach Mainstream aber die Menschen hier sind Individualisten. Jedes Haus besitzt mindestens eine Sitzbank an der Strasse und nicht eine gleicht der anderen.
Besser als Kino
Ich erlebe hier viele schöne und spannende Geschichten, in denen stets eine Bank mitspielt. Um der Vergnügungsmeile Lagodechis gebührenden Respekt zu erweisen habe ich hier eine Vernissage der Sitzgelegenheiten erstellt.

Dienstag, 21. August 2012

Grenzen wo keine sind

Im fernen Osten der Schweiz war es für mich ja selbstverständlich in einem Dreiländereck zu leben. Man bleibt zwar meist auf der gewohnten Seite, doch das Bewusstsein stets die Seite wechseln zu können gefällt mir ganz gut.
Hier in den kaukasischen Bergen ist meine Bewegungsfreiheit nahezu unbegrenzt. Manchmal stellt sich mir ein Fels in den Weg oder Brombeersträucher verhindern mein Weiterkommen. Und doch wird mir in dieser Weite immer wie klarer, dass sich die Vorstellung nationaler Separation hinter vielen Bäumen und Felsen versteckt.
Grenzfluss Bneli Kheoba (Dunkle Schlucht)
Wandere ich friedlich in Gedanken versunken (natürlich in geschäftliche, denn meine momentane Arbeit besteht hauptsächlich aus Wandern) werde ich plötzlich aus meiner Ruhe gerissen und georgische Grenzwächter stoppen mich. "Wo ich denn hin wolle", "ob ich denn keinen Guide bei mir hätte", "was, wenn ich verloren ginge". Nach beruhigenden Floskeln meinerseits und der Versicherung, dass ich hier arbeite und nicht verloren ginge kann ich meinen Reise fortsetzen. Und tatsächlich ich bin nicht zufällig nach Azerbaijan gestrauchelt.
Grenzsee Shavi Klde Tba (Schwarzfelssee)
Also noch weiter in die Wildnis und weg von der konstruierten Bürokratie! Auf in den grossen Kaukasus zum Schwarzfelssee auf rund 3000 m.ü.M. Die Wanderung (auch diesmal im Dienste der Wissenschaft) dauert drei Tage und zieht sich durch dunkle Wälder, meterhohe Blumenwiesen und karge Berglandschaften. Am zweiten Tag erreichen wir hungrig und erschöpft den See. Dass hier die Grenze zwischen Dagestan und Georgien liegt lässt nur das GPS und die Karte erahnen. Obwohl - an den Hügeln erkennen wir die Pferde der Grenzwächter, welche über unser Verbleib von fernem wachen. Für fünf Minuten nach Dagestan zu gehen konnten wir uns aber dennoch nicht verkneifen. Und wer hätte es erwartet, es fühlte sich nicht anders an. Meine Zweifel an der Idee der Nation bleiben wohl so beständig wie die vorgestellten Grenzen im Grossen Kaukasus.

Montag, 13. August 2012

Kleine Gefahren

Vor jeder Reise erhalte ich von allen Seiten nützliche Informationen und Tipps. So wurde ich auch dieses mal vor allerlei Gefahren gewarnt: Hungrige Bären, nicht trinkbares Wasser, wilde Wolfsrudel oder dass ich mich (mit meiner ach so schwachen Orientierung) in den riesigen Wäldern verirren werde.
Ich wurde jedoch bis anhin weder aufgefressen, ich bin selten durstig und ich kenne noch stets meine derzeitigen Koordinaten. Manch kleine Missetäter übersieht man aber leicht, so werde ich trotzdem gestochen und gebissen (hätte ich vielleicht doch die empfohlene Tollwutimpfung machen sollen?).
Neue Bekanntschaft

Freitag, 10. August 2012

Schlaraffenland

Ich bin der Stadt entkommen. Nach doch allzu heissen Tagen bin ich nun in Lagodechi angekommen. Nahe der azerbaijanischen Grenze und nur einen Bergkamm von Dagestan schlage ich meine Zelte auf. Eigentlich nicht - ich wohne mit einem Kopf über dem Dach und kulinarisch lebe ich wie ein König. Ich trinke aus den Bächen köstliches Wasser, verköstige mich während der morgendlichen Dusche mit Weintrauben und sitze Abends an einen reichlich gedeckten Tisch.
Wasserfall am Shroma Fluss
Zweierlei Erfrischungen
Abendbrot mit Piroschki, Kompot und vielem mehr

Freitag, 3. August 2012

Transformation Georgiens

Von der Transition Osteuropas wird viel gesprochen und vor allem prognostiziert. In Georgien ist das nicht anders, vor allem nach der sogenannten Rosenrevolution waren viele der ausgewiesenen Experten wieder überzeugt vom unausweichlichen Weg zur liberalen Demokratie. Der Wert dieser teleologische Sturheit sei mal dahingestellt und als Experte möchte mich sowieso nicht schreien. Also keine Einschätzung meinerseits aber der Umbruch in Georgien zeigt sich mir vor allem als Umbau des Landes. Ein wahrer Bauboom ist im Gange.
Der Altstadtteil Awlabari wird auf neu getrimmt 
Der armenisch geprägte und eher ärmliche Stadtteil Awlabari in Tiflis ist zu einer einzigen Baustelle geworden. Der Arbeitseifer und der dazugehörende Baulärm begleitet mich aber in der ganzen Stadt. Beim Gang über den Fluss Mtkwari durfte ich heute den Übermut der Bauarbeiten erleben. Auf der Brücke wird erst Stege bebaut um anschliessend die Brücke selbst zu erneuern.
Galaktioni Brücke in Tiflis

Donnerstag, 2. August 2012

Von den Alpen bis zum Kaukasus

Es wäre verfrüht zu behaupten ich kenne nun den Kaukasus. Ich erahne ihn hinter den Hügeln Tiflis, erstmal erhielt ich jedoch eine Nachhilfestunde in Schweizer Geografie. Aus der Vogelperspektive durfte ich die Alpen begutachten und ich erlaube mir nun zu behaupten ich sei auf dem Säntis oder zumindest über ihm gewesen.
Blick auf den Säntis und die Alpen