Letzte Woche gab es in den georgischen Zeitungen eine neue
Schlagzeile (obwohl wir hier in Lagodechi fast nie eine Zeitung zu Gesicht bekommen).
„Rebellen aus Dagestan dringen nach Georgien ein“. Nahe der kachetischen Hauptstadt Telawi,
rund eine Stunde von Lagodechi nahmen dagestanische Rebellen mehrere Personen
als Geiseln. Nach einem Grosseinsatz der georgischen Polizei und Armee lautete
das Fazit: 11 Rebellen und 3 georgische Beamte starben bei der
Befreiungsaktion.
Eine tragische und auch sehr wunderliche Geschichte. Was die
Rebellen in Georgien wollten bleibt im Dunkeln. Grundsätzlich konzentriert sich
der Konflikt in Dagestan auf den Kampf zwischen den radikalen Salafisten (sie
wollen einen unabhängigen islamischen Staat) und den gemässigten Sufisten (die
einen Kompromiss mit dem russischen Staat aushandeln wollen). Ein weiterer
Konfliktherd liegt in der Unabhängikeitsbestrebung der Salafisten vom
russischen Staat. Jährlich gibt es viele Opfer, vor allem auch auf Seiten
der Zivilbevölkerung.
In dieser knappen und unvollständigen Zusammenfassung fällt
doch eines auf, die Konflikte begrenzen sich auf das russische Territorium.
Weshalb sich dieser Konflikt auf Georgien ausdehnen soll ist schwer
nachzuvollziehen. Der georgische Staat betont stets seine Unabhängigkeit vom
früheren Zentrum Moskau und die muslimischen Minderheiten sind vor allem in
den Grenzgebieten zu Azerbaijan zu finden. Und Sezessionsbewegungen konzentrieren sich hauptsächlich auf die Regionen Südossetien und Abchasien.
Zeltstation der georgischen Grenzwache an der dagestanischen Grenze |
Der ganze Vorfall lässt viele Fragen offen, vor allem im Hinblick auf die momentane politische Situation. Wir stehen einen Monat vor den Parlamentswahlen und das bedeutet Wahlkampf auf allen Ebenen. Ich will festhalten, dass meine Analyse auf sehr wenigen Fakten beruht, denn diese sind schwer hier zu erhalten. Aber bekanntlich ist ein äusserer Feind, der die innere Sicherheit gefährdet stets ein nützliches Instrument für die waltende politische Elite. Wenn die Krise dann auch ohne Opfer auf Seiten der Geiseln gemeistert werden kann, so steht die Regierung als Garant der inneren Sicherheit da. Parallelen beispielsweise zu Russland sind augenscheinlich. Der Präsident und seine Partei profiliert sich durch die Abwehr der Gefahren der innerer Sicherheit. Wenn wir dann noch zurück denken an die russische Rochade (Putin wird Premierminister, um in der nächsten Legislaturperiode wieder Präsident zu werden), fällt auf, dass ebenfalls Saakaschwili die institutionellen Voraussetzung für seinen Machterhalt gebildet hat. Ein weiterhin kritisches Auge auf die Entwicklungen kann uns in nächster Zukunft weitere Erkenntnisse geben.
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