Sonntag, 7. Oktober 2012

Walden

Man hört nicht viel von Lagodechi in der weiten Welt, doch vernimmt man den Namen wird stets ein heiteres Naturerlebnis versprochen. In meinen ersten Wochen hier konnte ich mich davon überzeugen (obwohl ich ehrlich gesagt vorher noch nie etwas von Lagodechi gehört habe, und als ich dann davon erfuhr auf einen schönen See hoffte, dieser ist zwar vorhanden aber eben auf 3000m.ü.M. und hat mit dem Ortsnamen nichts zu tun).
Die offiziellen Wanderwege sind aber nun gut markiert, die Koordinaten sind gesammelt und verarbeitet und für die Touristen gibt es nun genügend Informationen, dass sie wieder zurück finden. Und doch - die Arbeit ist noch nicht getan. Im Gegenteil ich verliere mich immer wie mehr in den Wäldern, natürlich bloss bildlich gesprochen ich habe ja stets mein geliebtes GPS mit mir. So war ich auch vor einer Woche wieder in den Wäldern, um einen noch mehrheitlich unbekannten Wasserfall zu verorten. Atemberaubend schön.
Schlucht zum Wasserfall
Auf dem Rückweg fanden wir (mein Volunteer Kumpane und ich) zufällig einen Unterschlupf für Wilderer. Wir waren darüber sehr froh, weil wir noch weit im Berg waren und unbedingt eine Übernachtungsstelle brauchten, da es bereits dunkel wurde. Am nächsten Tag zurück in Lagodechi war die Aufregung gross und es wurde eine Gruppe zusammengestellt, um dieses Versteck auszukundschaften. Naja ich war ja schon da, aber ich sollte ihnen den Weg zeigen. Also ein Tag Pause und dann gleich wieder in die Berge. Hätten die Ranger gewusst, wie steil es dorthin hinauf geht hätten sie vielleicht auch noch ein paar Tage gewartet. Nach fünf Stunden haben es wir aber geschafft und alle konnten den Fundort inspizieren.
Gute Nacht Wilderer
Nun wird der Ort von einer Kamerafalle überwacht und ich hoffe die Wilderer lesen nicht mein Blog. Die nächsten Tage können also spannend und anstrengend werden, anstrengend wohl vor allem für den Ranger, der die Kamera kontrollieren wird.
Wir müssen aber nun etwas anderes kontrollieren und zwar den Wildbestand im Schutzgebiet. Grundsätzlich bin ich ja hier angestellt, um ein Animal Monitoring System aufzubauen, obwohl ich bis anhin kaum wusste was das ist. So legte ich mich zumindest jetzt ins Zeug und ging erneut in die Natur, um die Hirsche zu zählen. Momentan ist die Touristenhochsaison vorbei, dafür aber Hochsaison der Hirschbrunft. Zwei junge Ranger und ich machten uns auf zur alten Hütte, die alten Ranger zur neuen. Nach einem langen Aufstieg machten wir es uns gemütlich, wunderbarer Ort, ein Bach gleich vor Ort, die Rucksäcke voll mit Essen und zu unserem Erstaunen fanden wir noch eine Flasche des lokalen Schnapps Tschatscha. So verbrachten wir den Nachmittag mit Essen und Trinken und hörten auf die Rufe der Hirsche.
Fröhliches Beisammensein nach dem Aufstieg
Als die Nacht einbrach begann jedoch auch der Regen, weshalb wir schnell unseren Unterschlupf aufsuchten. Die Nacht hindurch lauschten wir dem wilden Treiben der Hirsche. Fazit: Zwei suchten, zwei stritten und einer fand sein Liebesglück. Beim Morgengrauen machten wir uns dann wieder auf, denn die Temperatur fiel markant und wir brauchten Bewegung für unsere kalten Körper.
Eine fast trockene Unterkunft
Nun bin ich wieder in Lagodechi, der erste Schritt zurück in die Zivilisation nach einem unglaublichen Naturerlebnis. Mein zweiter folgt sogleich. Ich habe mich rausgeputzt und mache mich auf nach Tbilisi, in den Grossstadtdschungel. 


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